Politik

7. Juli 2023

„Handel als Schnittstelle zwischen Lieferanten und Verbraucher:innen“

In der aktuellen Stimme des Monats erklärt Mirka Stark, Leiterin Nachhaltigkeitsstrategie und -projekte der REWE Group, welche Maßnahmen das Unternehmen bei seinem Engagement gegen Lebensmittelverschwendung ergreift und welche Stellschrauben es auch seitens der Politik noch zu drehen gilt.
Lesezeit: 6 Min.

Liebe Leser:innen,

seit ich 2015 bei der REWE Group gestartet bin, beschäftige ich mich mit der Frage, was wir als Unternehmen tun können, um Food Waste bei uns und bei unseren Kund:innen zu verringern – für mich ein echtes Herzensthema. Wir haben schon viel erreicht. Trotzdem gibt es Themen, an denen wir gemeinsam arbeiten müssen. Deshalb sehe ich den Pakt gegen Lebensmittelverschwendung, der aus dem Dialogforum Groß- und Einzelhandel des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft entstanden ist, als wichtigen Meilenstein. Wir haben das Ziel unterzeichnet, bis 2030 die Lebensmittelverschwendung in unseren Märkten um 50 Prozent zu reduzieren – ganz konkret und messbar. Ich sage Ihnen ganz offen: Das ist ein ambitioniertes Ziel. Aber diesen Weg gilt es für mehr Ressourcenschutz zu nehmen – von Handelsunternehmen, Verbraucher:innen oder anderen Vertreter:innen der Lieferkette. Mit dem Pakt gegen Lebensmittelverschwendung hat der Handel abermals gezeigt, dass wir es nicht nur bei Worthülsen belassen, sondern dass wir wichtige und richtige Schritte auf dem Weg zu weniger Lebensmittelverschwendung gehen – und hierbei alle an einem Strang ziehen.

Bei der REWE Group verantworte ich den Bereich „Nachhaltigkeitsstrategie und -projekte“. Auch Lebensmittelverschwendung und das Tafel-Engagement der REWE Group gehören im Rahmen unserer Nachhaltigkeitssäule „Gesellschaftliches Engagement“ zu meinem Aufgabengebiet. Als Handelsunternehmen liegt es in unserem ureigensten Interesse, dass so wenig Lebensmittel wie möglich in unseren Märkten übrigbleiben – aus wirtschaftlichen, aber auch aus sozialen sowie Klima- und Umweltschutzgründen. Deshalb wird ein Großteil der Ware, die nicht verkauft werden kann, aber noch verzehrfähig ist, kostenlos an unseren Partner die Tafel weitergegeben.

 

Als Handelsunternehmen liegt es in unserem ureigensten Interesse, dass so wenig Lebensmittel wie möglich in unseren Märkten übrigbleiben – aus wirtschaftlichen, aber auch aus sozialen sowie Klima- und Umweltschutzgründen.

Mirka Stark, Leiterin Nachhaltigkeitsstrategie und -projekte REWE Group
Porträt von Mirka Stark
Mirka Stark, Leiterin Nachhaltigkeitsstrategie und -projekte REWE Group

Als Handelsunternehmen kümmern wir uns um mögliche Stellschrauben in unseren Märkten und Lagerstandorten, aber sehen uns auch in der Verantwortung, Verbraucher:innen zu den wichtigen Themen der Nachhaltigkeit mitzunehmen und aufzuklären. So versuchen wir auf vielfältigen Wegen zu mehr Wertschätzung von Lebensmitteln beizutragen. Ware, die kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums ist, bieten wir in unseren Märkten häufig bis zu 30 Prozent preisreduziert an. Neben gängigen Tipps zur richtigen Lagerung von Lebensmitteln und einer kreativen Resteverwertung haben wir in den vergangenen Jahren auch tolle Leuchttürme umgesetzt. Zum Beispiel vertreibt PENNY bereits seit 2016 die „Naturgut Bio-Helden“, Bio-Obst und Gemüse mit Schönheitsfehlern. Unsere Botschaft: Echte Bio-Helden dürfen auch mal Macken haben – denn Schalenfehler oder Verformungen haben keinerlei Einfluss auf Geschmack oder Qualität. Auch unsere Produzent:innen profitieren von dem Konzept und können Produkte vermarkten, die außerhalb des regulären Toleranz-Rahmens liegen. Außerdem erinnern wir unsere Kund:innen auf vielen Eigenmarkenprodukten von PENNY durch den Schriftzug Kostbares retten – Riechen. Probieren. Genießen daran, dass Lebensmittel wie Milch oder Quark auch häufig noch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums genießbar sind. Für unser Engagement haben wir 2019 den Zu gut für die Tonne-Bundespreis vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gewonnen, worauf ich sehr stolz bin.

Ob in der Logistik oder in unseren Lagern und Märkten: Uns geht es immer darum, Prozesse zu optimieren und ressourcenschonend zu planen. Dank modernster Prognosesysteme können wir unsere Bestände vorausschauend planen. Dennoch ist auch klar, dass nicht alles kalkulierbar ist. Deshalb ist die zweite Säule unseres Engagements so wichtig: Unsere langjährige Kooperation mit der Deutschen Tafel. Bereits seit 1996 arbeiten REWE und PENNY seit 2007 eng mit der Tafel zusammen. Unsere Märkte geben einen großen Teil der Lebensmittel, die wir trotz aller Bemühungen nicht verkaufen konnten, die aber noch verzehrfähig sind, an die bundesweit 960 lokalen Tafeln kostenlos ab. Wir arbeiten auch mit weiteren Organisationen zusammen, beispielsweise mit Foodsharing. Diese sind aber als Ergänzung zur Tafel zu verstehen. Gemäß unserer Prämisse „Tafel first“ werden die lokalen Tafeln, und damit die Unterstützung von bedürftigen Menschen, immer prioritär behandelt.

Und diese Unterstützung ist leider dringend notwendig. Die Tafeln haben in den zurückliegenden Monaten eine noch stärkere Nachfrage gespürt. Es handelt sich hierbei jedoch um eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die sich durch Faktoren wie den Angriffskrieg auf die Ukraine verstärkt haben. Deshalb braucht es aus meiner Sicht auch seitens der Politik mehr infrastrukturelle und finanzielle Unterstützung. Wenn beispielsweise die lokale Tafel über kein Kühlfahrzeug verfügt, kann die verfügbare Kühlware nicht aus unseren Märkten abgeholt werden. Darüber hinaus sollte die Politik an relevanten Stellschrauben drehen, die das Spenden von Lebensmitteln weiter erleichtern und auch haftungsrechtliche Fragen endgültig klären.

Uns ist bewusst, dass wir als Schnittstelle zwischen unseren Lieferanten und den Verbraucher:innen eine äußerst wichtige Position einnehmen. Entsprechend ernst nehmen wir unsere Verantwortung, unsere Prozesse stetig zu optimieren, unsere Mitarbeiter:innen und Konsument:innen zu informieren und die Tafeln weiterhin aktiv zu unterstützen – für einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln im Alltag. Mit der Unterzeichnung des Pakts gegen Lebensmittelverschwendung heben wir unser Committment auf eine neue Ebene – denn den Kampf gegen Lebensmittelverschwendung können wir nur gemeinsam gewinnen.

Ihre Mirka Stark

Porträt von Mirka Stark
Über:
Mirka Stark
Leiterin Nachhaltigkeitsstrategie und -projekte REWE Group

startete 2015 in der Strategieabteilung von PENNY und leitet seit 2018 den Bereich Nachhaltigkeitsstrategie und -projekte der REWE Group.