„Ich bin eine, die ihr Wort hält“
Seit vier Jahren ist der REWE Am Zollhafen ihr Markt. Ein lang gehegter Traum, den sie mit hoher Zielstrebigkeit wahr gemacht hat – und mit allen finanziellen Ressourcen, die sie hatte. Über ihren Karriereweg erzählt Semai Akale im Gespräch:
Fast 19 Arbeitsjahre habe ich jetzt auf dem Buckel, immer bei REWE. Ich bin eine treue Seele. Eigentlich wollte ich ja Bankkauffrau werden, da habe ich aber trotz guter Noten und vieler Praktika keine Chance bekommen. Ich denke, das lag auch an meiner Hautfarbe, an den Schaltern ist es ja eher weiß. Zu der Zeit habe ich bei REWE gejobbt, mein damaliger Chef schlug mir dann vor: Komm, mach bei mir die Ausbildung und bewirb dich nebenbei weiter bei der Bank. Nach ungefähr sieben Monaten habe ich entschieden, zu bleiben – und wollte dann alles wissen. Nach Feierabend habe ich mich zu meinem Chef ins Büro gesetzt und gefragt, gefragt, gefragt. Ich bin ihm sicher auf die Nerven gegangen, aber als Azubi hat man ja auch eine Holpflicht.
Als er mich, noch als Azubine, zu seiner Urlaubsvertretung machte, wurde mir klar, wie abwechslungsreich der Job tatsächlich ist. Nach meiner auf zwei Jahre verkürzten Ausbildung arbeitete ich drei Jahre lang als Assistentin, immer an wechselnden Standorten, immer Neueröffnungen. Damals wurde ich auch in den Strategie-Ausschuss-Sitzungs-Kreis (SAS) gewählt. Ich glaube, mich haben vor allem die Frauen gewählt. Ich war die jüngste und zeitweise die einzige Frau, sechs Jahre lang war ich Mitglied. Die Erfahrungen, die ich dort machen durfte, waren mega. In der Zeit habe ich angefangen, über eine Selbstständigkeit nachzudenken.
Einige Jahre später wurde dann mein jetziger Markt ausgeschrieben, den wollte ich wirklich gerne haben. Als ich den Zuschlag bekam, hatte ich schon Muffensausen und dachte nur: ‚Was hast du gemacht. Jetzt hast du die große Klappe gehabt, jetzt musst du es auch durchziehen‘. Aber, wie eingangs gesagt, ich hatte ja nichts zu verlieren. Für meine Einlage habe ich mein gesamtes Geld zusammengelegt, Sparpläne aufgelöst. Es hat ganz genau gereicht, danach war ich blank. Für mich war das aber kein schlimmes Gefühl, weil ich das kenne. Meine Mutter war alleinerziehend mit vier Kindern, wir hatten nie viel Geld, und ich kann mich gut mit Kleinigkeiten zufriedengeben. Ich habe mir damals also gedacht: ‚Was kann dir schon groß passieren. Im Notfall gehst du angestellt zurück in deinen Job und gut ist…‘ Aber das wird vermutlich nicht passieren. Ich bin sehr ehrgeizig, und bis hierhin war es harte Arbeit.
Ich wollte schon seit langem meine eigene Chefin sein. Ich wollte mein eigenes Team, meine eigenen Mitarbeitenden fördern und sie langfristig an mich binden. Die meisten meiner Leute sind Quereinsteiger:innen. Zwischen dem Verlassen meiner alten Filiale und dem Aufbau meines Marktes lagen damals nur drei Monate. Das ist nicht viel Zeit, und deswegen habe ich mir gesagt: `Semai, du stellst alle ein, die sich bewerben´. Viele kamen zwar nicht aus dem Handel, aber mir gefiel ihre Haltung dem Arbeiten gegenüber. Ich habe jedes Gespräch persönlich geführt und anfangs alles selbst gemacht und erklärt, weil ja kaum einer wusste, wie Handel geht.