Begehrter Rohstoff
Warum ist das so besonders? Sekundärmaterial, so sollte man meinen, gibt es dank eines funktionierenden Pfandsystems in Deutschland schließlich genug. Tatsächlich wurden hierzulande nach Angaben der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) 2021 mehr als 94,8 Prozent aller PET-Getränkeflaschen und sogar 97% der PET-Getränkeflaschen mit Pfand (Mehr- und Einweg) wiederverwendet. Aber das geschah nicht ausschließlich für die Herstellung von Flaschen. rPET ist aufgrund seiner hohen Qualität auch in anderen Branchen ein begehrter Sekundärrohstoff. Zum Beispiel in der Folienindustrie, die daraus unter anderem Lebensmittelverpackungen herstellt, die (Stand heute in Deutschland) noch nicht flächendeckend zu Rezyklat für den erneuten Einsatz in Lebensmittelanwendungen recycelt werden können. Nach Feststellung der GVM entfielen 2021 knapp 27 Prozent des recycelten PET auf diesen Bereich. Weitere Anwendungsfelder waren die Herstellung von Fasern sowie Reinigungsmittelflaschen, Kunststoffbändern oder Spritzgussanwendungen.
Wir bei der REWE Group haben mit unserem Piloten nun einen geschlossenen Kreislauf aufgebaut. Aus diesem wird ein relevanter Anteil des benötigten rPET für die Getränkeartikel unserer Eigenmarken bereitgestellt. Das schafft mehr Planungssicherheit für die Refresco GmbH als Produzent von Flaschenrohlingen. Denn die Beschaffung von rPET ist immer wieder von Knappheiten, Marktschwankungen und Unsicherheit geprägt. Nach Beobachtung der GVM ist aus Getränkeflaschen recyceltes PET seit vielen Jahren teurer als Neuware.
Damit der Kreislaufansatz gelingt, ist es wichtig, mit allen beteiligten Akteur:innen zusammenzuarbeiten: Mit den Verbrauchern und Verbraucherinnen, die über das Pfandsystem ihr Leergut (und damit Grundmaterial für rPET) in den Pfandautomaten zurückgeben. Mit den Recyclern, die das Material aufbereiten und weiterverkaufen. Und mit der Verpackungsindustrie, die Sekundärrohstoffe bei der Herstellung von Flaschen einsetzt.
Ein rPET-Anteil von 50 Prozent bei allen Einweggetränkeflaschen, wie wir ihn bei der REWE Group bis Ende 2023 erreichen wollen, betrachten wir nur als Etappenziel. In den folgenden Jahren wollen wir den Anteil weiter steigern. Dazu wird der Aufbau eines geschlossenen Materialkreislaufs eine wichtige Rolle spielen, denn er sichert die ausreichende Verfügbarkeit geeigneter Rezyklate.
Allerdings: Der Einsatz von Sekundärrohstoffen in der Flaschenproduktion hat technische Grenzen. Recyceltes Material erhält durch die mehrfache Erhitzung im Produktionsprozess eine dunklere Farbe. Je besser die Flakes vorher sortiert und farbige Stücke aussortiert werden, desto gleichmäßiger sind die Preforms. Wenn die Rohlinge aus recyceltem Kunststoff nicht gleichmäßig eingefärbt sind, erhöht sich das Risiko, dass Flaschen beim Aufblasen unter hohen Temperaturen platzen können. Denn dunklere Stellen nehmen mehr Hitze auf und dehnen sich schneller aus als helle Stellen. Daher ist die Sortierung der Flakes wichtig, um eine möglichst gleichmäßige Färbung der Preforms zu gewährleisten und somit die Qualität der produzierten Flaschen zu erhöhen.
Damit Getränkeflaschen ihre Stabilität behalten, muss somit immer wieder auch neues Primärmaterial dem Materialkreislauf zugeführt werden. Dennoch ist es möglich, Flaschen zu 100 Prozent aus recyceltem Kunststoff herzustellen. Das hat REWE bereits im Mai 2019 bewiesen, als sie als erster Händler eine Eigenmarken-Flasche (Aqua Mia Sport, 0,75 Liter) in die Märkte brachte, die komplett aus rPET besteht. Kurz darauf hatte auch PENNY zwei Wasser-Flaschen ins Sortiment genommen, die zu 100 Prozent beziehungsweise zu 80 Prozent aus Rezyklat hergestellt waren.