Unternehmen

7. Januar 2021

„Die REWE Group ist Ab­bild einer bunten und viel­seitigen Welt“

Lesezeit: 6 Min.

Erfolg braucht Menschen, die unterschiedlich ticken: Lionel Souque, Vorstandsvorsitzender der REWE Group, spricht im Interview über Vielfalt im Unternehmen und erläutert, warum Diversity Management über Frauenförderung und Inklusion hinausgeht. Und wie es ist, als Franzose ein deutsches Unternehmen und Menschen aus mehr als 140 Nationen zu führen.

Herr Souque, die REWE Group bekennt sich zur Charta der Vielfalt, einer Selbstverpflichtung der Wirtschaft zu Diversity Management. Welchen Stellenwert hat Diversity für Sie?

Lionel Souque: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der REWE Group kommen aus mehr als 140 Nationen. Wir sind längst eine Gemeinschaft aus Kulturen und Religionen, aus verschiedenen Interessen, Meinungen, Neigungen und Bedürfnissen. Kurz: Die REWE Group spiegelt eine bunte und facettenreiche Welt wider. Diese Vielfalt schafft unterschiedliche Perspektiven und liefert wichtige Impulse für neue Ideen und Herangehensweisen. Nur so können wir den Erfolg unseres Unternehmens fortführen und kontinuierlich weiter ausbauen. Das wäre undenkbar mit Menschen, die alle gleich sind. Gerade weil jeder Einzelne, egal in welcher Position, seine Persönlichkeit mit einbringt, entstehen Denkansätze, die auch mal ausgetretene Pfade verlassen und einen anderen Weg einschlagen. Insofern hat Diversity für die Entwicklung der REWE Group einen hohen Stellenwert.

Wie kommt es der REWE Group konkret zu Gute, wenn sie Vielfalt in ihrer Belegschaft fördert?

Lionel Souque: Wir wissen, dass gemischte Teams oftmals bessere Ergebnisse erarbeiten und Lösungen finden – das ist sogar durch zahlreiche Studien belegt. Darüber hinaus müssen wir auch in Zukunft als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden, denn unser Erfolg hängt von den Menschen in unserem Unternehmen ab. Es ist eine große Herausforderung, neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen, die wir nur meistern können, wenn wir die Charta der Vielfalt konsequent umsetzen. Das heißt: Mitarbeitenden unabhängig von Geschlecht, Alter, Religion, sexueller Identität, Herkunft oder Behinderung einen diskriminierungsfreien Arbeitsplatz bieten, der allen gleiche Chancen eröffnet. Wenn wir diesen Anspruch einer vielfältigen Mitarbeiterstruktur konsequent umsetzen und fördern, ziehen wir nicht nur neue Talente an, sondern schaffen auch ein Arbeitsumfeld, in dem sich möglichst viele Menschen wohl fühlen können.

Oft begrenzt sich Diversity Management auf einzelne Dimensionen, wie Frauenförderung oder Inklusion. Wie ist es bei der REWE Group?

Lionel Souque: Diversity Management ist für uns weit mehr als der Anspruch, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen oder Menschen mit Behinderung die gleichen Chancen zu bieten – obwohl wir uns natürlich für beides einsetzen. Vielmehr möchten wir die Menschen ermutigen, sie selbst zu sein und keine Scheu zu haben, sich bei uns auf ihren Wunschberuf zu bewerben. Das erfordert in erster Linie, dass wir im Management diese gewünschte Offenheit auch signalisieren und vorleben. Hier haben die Führungskräfte und Vorgesetzte eine besondere Verpflichtung.

Diversity Management ist nicht nur ein reines „Fachbereichsthema“, sondern muss gelebte Unternehmenskultur sein.

Lionel Souque, Vorstandsvorsitzender (Chief Executive Officer)
Porträt von Lionel Souque
Lionel Souque, Vorstandsvorsitzender (Chief Executive Officer)

Ist Diversity Management in erster Linie ein Personalthema oder ein Thema der Unternehmenskultur?

Lionel Souque: Sowohl als auch. Diversity Management ist nicht nur ein reines „Fachbereichsthema“, sondern muss gelebte Unternehmenskultur sein. Wir müssen eine Organisationskultur pflegen, die von gegenseitigem Respekt und Wertschätzung jeder und jedes Einzelnen geprägt ist. Es müssen Voraussetzungen geschaffen werden, dass Vorgesetzte wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese Werte erkennen, teilen und leben. Im Klartext heißt das, dass wir die Umsetzung des Diversity Managements auch zum Thema des internen und externen Dialogs machen müssen.

Wie stehen die Mitarbeitenden zu dem Thema?

Lionel Souque: Aus dem Kreis der Kolleginnen und Kollegen habe ich bisher nur positives Feedback erhalten. Es gibt genug Beispiele aus der Praxis, wo Diversity Management-Themen bereits umgesetzt sind und auch von den Mitarbeitenden selbst initiiert und vorangetrieben werden. Ich denke da an di.to., das Netzwerk der REWE Group für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle. Das Netzwerk wächst stetig und steht mittlerweile in der gesamten REWE Group für Toleranz und Vielfalt, mit verschiedenen Aktionen das ganze Jahr hindurch. Sei es, dass wir bundesweit zum deutschen Diversity Tag die Regenbogenflaggen an unseren Zentralstandorten hissen, auf dem CSD mit eigenem Wagen demonstrieren oder den „Come together cup“ unterstützen. Wie überall im Leben, trifft man auch im Berufsleben sicherlich auf Menschen, die weniger tolerant sind. Das sollte jedoch immer zum Anlass genommen werden, sich vor diesen Menschen klar zu positionieren.

Welche Diversity-Maßnahmen sind bei der REWE Group bereits eingeführt? Wo sehen Sie noch Handlungsbedarf?

Lionel Souque: Konzernweite Maßnahmen reichen von unserem LGBT-Netzwerk über Entwicklungsprogramme für weibliche Talente bis hin zu entsprechenden Sponsorings und Kooperationen, um auch außerhalb des Unternehmens Flagge zu zeigen und Diversität zu fördern. Hinzu kommt eine Vielzahl an individuellen Engagements innerhalb einzelner Konzerngesellschaften der REWE Group, wie zielgruppenspezifische Seminare, Mentoring-Programme und Netzwerke.
Doch auch darüber hinaus ist jeder und jede Einzelne aufgerufen, mitzuwirken, wenn es um Toleranz und Respekt geht. Die REWE Group ist durch ihre Vertriebslinien in ganz Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern bekannt. Immer wieder werden wir im privaten Bereich angesprochen, ob man sich bei uns bewerben kann, obwohl man sich selbst nicht als „klassischer“ Bewerber sieht, vielleicht weil man einen anderen Pass, eine Behinderung oder eine andere sexuelle Orientierung hat. Um hier mit einem klaren „Ja!“ antworten zu können, arbeiten wir an der Überprüfung unserer Personalprozesse. Denn hier muss sichergestellt sein, dass diese den vielfältigen Fähigkeiten und Talenten aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie unserem Leistungsanspruch gerecht werden. Der deutsche Handel wird immer noch überwiegend von deutschen Managern geführt (Ausnahmen bestätigen die Regel…).

Wie viel Wert legt die REWE Group beim Recruiting auf Internationalität?

Lionel Souque: Ich fühle mich als „Franzose“ bei der REWE Group seit Jahren wohl und dieses Empfinden sollen alle, die bei uns beschäftigt sind, haben. Unser Management hat sich mit der Unterzeichnung der Charta unter anderem auch zum europäischen Recruiting verpflichtet. Von den Beschäftigten in Deutschland und Österreich haben rund 20.000 einen ausländischen Pass. Um dem Nachwuchsmangel zu begegnen, setzt die REWE Group in Deutschland auf junge Menschen aus dem Ausland und bildet sie in ganz unterschiedlichen Berufen aus. Es sollen gezielt angehende Auszubildende und Führungskräfte aus dem europäischen Ausland geworben werden. Auch diesen neuen Mitarbeitenden möchte die REWE Group eine langfristige Perspektive bieten. Und dabei spielt Diversity Management eine wichtige Rolle.

Die REWE Group auf

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