Unternehmen

8. August 2024

Alternative Recruitingwege bieten Chancen

Die REWE Group geht neue Wege um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken
Lesezeit: 6 Min.

Der wachsende Fachkräftemangel stellt Unternehmen zunehmend vor Herausforderungen bei der Rekrutierung von Mitarbeitenden. Gleichzeitig gibt es rund 1,5 Millionen Menschen, die arbeitslos und geringqualifiziert sind, beispielsweise weil sie über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen. Ganz im Sinne einer starken Gemeinschaft öffnet die REWE Group sich für die Menschen, die aufgrund ihrer Biografie oder ihrer Lebensumstände durchs Raster fallen und bietet ihnen mit einem Qualifizierungsprogramm den (Wieder-)Einstieg ins Berufsleben.

Das Recruiting Center der REWE Group rief ein Pilotprojekt ins Leben, das diesen Menschen neue Chancen bieten soll: Gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit, den lokalen Jobcentern und Bildungspartnern werden Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte im Rahmen einer Teilqualifizierung (TQ) für Verkaufs-Tätigkeiten in REWE und PENNY-Märkten ausgebildet.

Das Projekt hilft dabei, die Arbeits- und Fachkräftelücke zu schließen und mehr Mitarbeitende für die Märkte zu gewinnen. Die bestehende Mitarbeitendenschaft wird so vor Überlastung geschützt. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass damit langfristig auch der Führungsnachwuchs sichergestellt wird.

Dirk Hoffmann ist Senior Consultant Talent Acquisition, Recruiting Center, Handel Deutschland, und hat das Pilotprojekt ins Leben gerufen. Im Interview spricht er über die neuen Recruitingwege und über die Chancen, die sich beiden Seite bieten.

Warum ist es so wichtig, auf alternative Recruitingwege zu setzen?

Dirk Hoffmann: So wie in den meisten anderen Branchen, fehlen auch im Handel Arbeits- und Fachkräfte. Auf der Fläche macht sich das besonders bemerkbar, da hier der Bedarf besonders hoch ist. Aufgrund des demografischen Wandels stoßen wir im Recruiting an natürliche Grenzen.

Die Älteren gehen in den wohlverdienten Ruhestand und es kommen nicht genügend Jüngere nach – einfach, weil es zu wenige von ihnen gibt. Um die Arbeits- und Fachkräftelücke nicht weiter auseinanderklaffen zu lassen, haben wir uns dazu entschlossen, neue Wege im Recruiting einzuschlagen und Menschen einzubinden, die keine standardmäßigen Erwerbsbiografien haben.

Was meinen Sie genau damit und welche Menschen sprechen Sie mit dem Pilotprojekt an?

Dirk Hoffmann: Wir haben in Deutschland rund 1,5 Millionen Menschen, die aus den unterschiedlichsten Gründen arbeitslos sind und als geringqualifiziert gelten. Das heißt, dass sie entweder nie eine Ausbildung abgeschlossen haben oder aber über vier Jahre nicht in ihrem Ausbildungsberuf gearbeitet haben. Diese Menschen sprechen wir mit unserem Pilotprojekt an.

Für all diese Menschen bietet eine Teilqualifizierung eine große Chance, durch eine fundierte Ausbildung zum Verkäufer-/in im Einzelhandel mit IHK-Abschluss auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Dirk Hoffmann, Senior Consultant Talent Acquisition, Recruiting Center, Handel Deutschland
Porträt von Dirk Hoffmann
Dirk Hoffmann, Senior Consultant Talent Acquisition, Recruiting Center, Handel Deutschland

Aus welchen Gründen haben diese Menschen keinen Ausbildungsabschluss?

Dirk Hoffmann: Neben denjenigen, die keine Ausbildung gemacht haben, gibt es viele Menschen, die einen Fluchthintergrund haben und deren Ausbildungsabschluss in Deutschland nicht anerkannt wird. Es gibt aber auch viele Einheimische, die aufgrund von schwierigen familiären Situationen keine Ausbildung abschließen konnten, weil sie beispielsweise alleinerziehend sind oder einen Familienangehörigen pflegen. Außerdem zählen dazu auch Menschen, die sich zuvor mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten haben und diese Art von Leben satt sind. Für all diese Menschen bietet eine Teilqualifizierung eine große Chance, durch eine fundierte Ausbildung zum Verkäufer-/in im Einzelhandel mit IHK-Abschluss auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Das hört sich so an, als ob es wenig Limitierungen bei der Auswahl der Kandidat:innen gibt?

Dirk Hoffmann: Völlig richtig! Es gibt wenig Limitierung. Was das Alter betrifft: Unser jüngster Teilnehmer war 23 und der älteste 63. Was die Herkunft betrifft, sind wir ebenfalls wenig limitiert: Wir haben Teilnehmer:innen mit Wurzeln in den verschiedensten Ländern: Syrien, Afghanistan, Ghana.

Wie läuft eine TQ-Maßnahme konkret ab?

Dirk Hoffmann: Nachdem uns seitens der REWE- oder PENNY-Region Bedarf gemeldet worden ist, analysieren wir zunächst den Arbeitsmarkt und prüfen, ob es genügend geeignete Kandidat:innen in der jeweiligen Gegend gibt. Wenn das Jobcenter die Kandidat:innen für die Maßnahme gefunden hat, gehen wir auf unsere Bildungspartner zu, denn für den theoretischen Part der Ausbildung ist jeweils der lokale Bildungsträger verantwortlich. Im Anschluss werden Kandidat:innenveranstaltungen durchgeführt, die dem gegenseitigen Kennenlernen dienen. Wenn diese für die jeweiligen Kandidat:innen und für uns positiv verlaufen sind, bieten wir ihnen einen Arbeitsvertrag an.

Ein sicheres Arbeitsverhältnis bei einem guten Arbeitgeber zu haben, ist für viele sehr erstrebenswert. Es ist aber auch der Wunsch nach Selbstverwirklichung und die Chance auf eine mögliche Karriere.

Dirk Hoffmann, Senior Consultant Talent Acquisition, Recruiting Center, Handel Deutschland
Porträt von Dirk Hoffmann
Dirk Hoffmann, Senior Consultant Talent Acquisition, Recruiting Center, Handel Deutschland

Welche Motivation haben die Teilnehmenden, an der TQ-Maßnahme teilzunehmen?

Dirk Hoffmann: An erster Stelle steht für viele die Motivation, eigenes Geld zu verdienen und sich dadurch von der Abhängigkeit von staatlicher Alimentation zu befreien. Ein sicheres Arbeitsverhältnis bei einem guten Arbeitgeber zu haben, ist für viele sehr erstrebenswert. Es ist aber auch der Wunsch nach Selbstverwirklichung und die Chance auf eine mögliche Karriere.

Wann und wo haben Sie bereits TQ-Maßnahmen umgesetzt?

Dirk Hoffmann: 2023 sind vier TQ-Maßnahmen angelaufen, davon für das Vollsortiment eine in Berlin. Für PENNY sind wir im Oktober in Hamburg in der Region Nord gestartet. In der PENNY-Region Südwest sind wir 2023 in Frankfurt am Main und in Mannheim / Ludwigshafen gestartet. In diesem Jahr wird München in der Region Süd ebenfalls für PENNY anlaufen. Das Vollsortiment ist 2024 mit Berlin, Rostock (inklusive Stralsund und Rügen) und Schwerin vertreten.

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