ob Privatperson, Politik oder Unternehmen: Wer seine Auswirkungen auf das Klima minimieren will, der bzw. die weiß, dass im Verkehrssektor ein Riesenhebel liegt – so auch in der Logistik der REWE Group. Und die Zeit drängt: Bereits 2045 will Deutschland klimaneutral sein, und auch unser Unternehmen hat sich ehrgeizige Klimaziele gesetzt. Hinzu kommt: Mehrere staatliche Zwischenziele wurden bereits verfehlt, was den Druck auf alle Beteiligten erhöht.
Deshalb intensivieren wir seit einiger Zeit unsere Tests mit alternativen Antrieben. Die Anforderungen sind groß: Unsere Lkw transportieren Waren über Hunderte von Kilometern – darunter auch frische und gekühlte Produkte. Bei den unterschiedlichen Projekten analysieren wir Verbrauchskennziffern, Auswirkungen auf Abläufe oder die Routenplanung und ziehen auch betriebswirtschaftliche Schlüsse. Die Fahrzeughersteller, die Netzbetreiber und natürlich auch wir lernen stetig aus solchen Piloten, denn vieles ist für alle Beteiligten noch Neuland. Und aus meiner Sicht – und da bin ich wohl nicht allein – ist auch noch lange nicht ausgemacht, welche alternativen Antriebsformen sich im Lieferverkehr zukünftig durchsetzen werden. Deshalb stellen wir uns bei den Tests breit auf.
So rollen unternehmenseigene Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw durch die REWE-Regionen West und Nord. Mit den zugehörigen Kühlzellen können diese wie konventionelle Lkw eingesetzt werden und somit auch kühl- oder tiefkühlpflichtige Produkte ausliefern. Getankt wird „grün“, also mithilfe erneuerbarer Energien produziertem Wasserstoff, was einen 100-prozentig emissionsfreien Einsatz ermöglicht.
In der Hauptstadt hingegen beliefern seit Mai sieben vollelektrische Lkw mehr als 300 REWE-Märkte. Durch die Kooperation mit dem schwedischen Frachttechnologie-Unternehmen Einride werden nicht nur hunderte Tonnen CO2 eingespart, unsere Lastwagen drehen auch deutlich leiser ihre Runden durch Berlin. Die Reichweite beträgt 300 km, so dass der Einsatz im städtischen Bereich mit kürzeren Strecken total Sinn macht. Aufgeladen werden die Lkw an unserem Logistikstandort in Oranienburg. In den vergangenen Jahren hat sich hier erfreulich viel getan und wir können bestätigen: Die Fahrzeuge sind in den bisherigen Use Cases – auch mit gekühlter Ware – gut einsetzbar und verlässlich!
Diese Praxistests bedeuten einen enormen Erkenntnisgewinn, doch muss der gesamte Verkehrs- und Logistiksektor auf lange Sicht zu dem Punkt kommen, diese Antriebsformen in der Breite einzusetzen. Bund, Länder und Städte müssen entschlossener agieren, wenn die Klimawende gelingen soll. Dies ist auch essenziell für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Doch dafür braucht es enorme Investitionen in die entsprechende Infrastruktur! Für die notwendige Ladeinfrastruktur im Güterverkehr sind die Verteilnetze derzeit nicht leistungsfähig genug. Die örtlichen Stadtwerke sind überlastet und Gewerbegebiete, in denen sich Logistik in der Regel angesiedelt, müssen bei den Netzausbauplanungen viel stärker berücksichtigt werden. Der Status quo fühlt sich mitunter an, als lebten wir in einem Haus mit nur einer einzigen Steckdose.