Nachhaltigkeit

28. September 2020

REWE tes­tet Mehr­weg­system für die Salat­bar: We­niger Ver­packungs­müll dank Vytal

To-Go-Essen gewinnt seit Jahren an Bedeutung – zulasten der Umwelt. Das will REWE ändern und testet ab sofort ein kosten- und pfandloses Mehrwegsystem für die Salatbar. Wie das funktioniert und was es bringt.

Convenience-Speisen sind der größte Verursacher von To-Go-Müll in Deutschland. Der Großteil entfällt auf Schalen, Boxen, Becher und Teller, die zum Transport von Essen einmalig verwendet werden. Doch es gibt Lösungs-Ideen: Gemeinsam mit dem Kölner Start-Up Vytal testet REWE ein Mehrwegsystem für die Salatbar, dass den anfallenden Einwegmüll deutlich reduzieren soll. Damit ist REWE der erste Lebensmitteleinzelhändler in Deutschland, der dieses System anbietet.

Zentrales Element des Vytal-Mehrwegsystems ist eine stabile Kunststoff-Schale, die sich mit dem dazugehörigen Deckel auslaufsicher verschließen lässt. Die Besonderheit: Das System funktioniert ganz ohne Pfand. Außerdem sind die Ausgabe und die Rückgabe der Mehrwegbehälter extra einfach gehalten. Die Abwicklung der Ausleihe läuft über die kostenlose Vytal-App. Wer diese nicht nutzen möchte, kann zwei alternative Wege wählen, die Schale zu nutzen. Die konsequente Nachhaltigkeitsperspektive des Start-ups zieht sich durch das komplette Konzept. So lässt Vytal die gebrauchten Schüsseln per E-Lastenrad abholen und ortsnah professionell reinigen, um kurze Transportwege zu gewährleisten.

Wir haben mit der Projektverantwortlichen Pia Schnück über die Herausforderung gesprochen, im To-Go-Bereich Verpackungsmüll zu sparen und welche Mehrweg-Potenziale sie für weitere Sortimente sieht. Außerdem erklärt Vytal-Gründer Sven Witthöft, wie er ein Mehrweg-System etablieren will, das für Kundinnen und Kunden keinen Mehraufwand bedeutet – und wo sein Unternehmen jetzt schon besser ist als das deutsche Flaschenpfand.

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Werbung für Vytal

Weniger Verpackungsmüll dank Vytal

Als erster Lebensmitteleinzelhändler in Deutschland bietet REWE seinen Kundinnen und Kunden ein kostenloses Mehrwegsystem für die Salatbar an. Kooperationspartner ist das Kölner Start-up Vytal. Das auf die besonderen Anforderungen für Supermärkte angepasste Konzept wird zunächst an fünf Standorten in Köln getestet.

Mit Vytal soll Mehrweg so einfach sein wie Einweg.

Pia Schnück
Porträt von Pia Schnück
Pia Schnück

Welche Rolle spielt der Vytal-Test bei der Vepackungsstrategie von REWE?

Pia Schnück: Für REWE ist das Einsparen von Einwegmüll sehr wichtig. Wir haben eine klare Strategie im Bereich Verpackung, gerade mit Blick auf Plastik: Wir wollen Verpackungen systematisch vermeiden, verringern und verbessern. Zugleich sehen wir mit Blick auf die Einwegverpackungen, dass die Mengen aufgrund des geänderten Konsumverhaltens steigen. Im To-Go-Bereich machen die Verpackungen für vorgefertigte Speisen einen erheblichen Mengenanteil aus. Da ist es wichtig, Systemänderungen einzuführen, denn durch Optimierungen allein lässt sich die Menge nicht reduzieren. Wir glauben, dass wir mit der Vytal-Einführung eine gute Alternative im To-Go-Bereich haben, um die Verpackungsmenge deutlich zu reduzieren.

Porträt von Pia Schnück
Über:
Pia Schnück

das Ziel von Pia Schnück, Funktionsbereichsleiterin Nachhaltigkeit Ware, ist Verpackungsmüll bei REWE reduzieren.

Wann ist der Test für REWE erfolgreich?

Pia Schnück: Wir verfolgen drei Ziele: Zum einen wollen wir testen, ob und wie das System im Markt funktioniert. Das zweite Ziel ist der Test, ob das System von Kundinnen und Kunden angenommen wird, ob sie tatsächlich von Einweg auf Mehrweg umsteigen. Und das dritte Ziel ist, so viel wie möglich an Müll-Einsparung zu generieren. Wenn wir die Menge des Verpackungsmülls deutlich reduzieren, haben wir genau das erreicht, was wir wollen.

Wenn der Test erfolgreich ist, wie geht es dann weiter?

Pia Schnück: Wenn wir sehen, dass das System an der Salatbar funktioniert, werden wir im nächsten Schritt weitere Sortimente überprüfen, um auch dort die Umstellung auf Mehrweg möglich zu machen.

Ihre persönliche Einschätzung: Wie wird der Service ankommen?

Pia Schnück: Ich bin davon überzeugt, dass die Kundinnen und Kunden das System annehmen werden. Sie wünschen sich weniger Plastik, sie suchen nach Alternativen zur Einweg-Verpackung. Natürlich ist es ein bisschen komplexer, denn ich muss die Schale wieder zurückbringen. Das besondere an Vytal ist aber die Vision dahinter: Mehrweg so einfach zu machen wie Einweg, indem man zum Beispiel aufs Pfand verzichtet. Die Kundinnen und Kunden sind offen für Alternativen, solange sie das Leben nicht komplizierter machen. Wenn wir das schaffen, wird es auch angenommen.

Welche Herausforderungen gab es bei der Einführung des Mehrweg-Tests?

Pia Schnück: Die Einführung ist ein echtes Pilotprojekt, denn wir haben bislang im deutschen Handel noch kein Mehrwegsystem im To-Go-Bereich. Mit Vytal haben wir ein System gefunden, das aus der Gastronomie kommt und für den Handel angepasst wurde. Wichtig für uns war, ein Mehrwegsystem zu finden, das sehr niedrige Hürden hat. Der Test ist nun dafür da zu erproben, ob es in der Markt-Praxis funktioniert und angenommen wird und wo Optimierungsbedarf besteht.

Wir wollen nachhaltiges Verhalten komfortabel machen

Sven Witthöft
Porträt von Sven Witthöft
Sven Witthöft

Herr Witthöft, warum haben Sie Vytal gegründet?

Sven Witthöft: Wir sind drei Gründer, die etwas dafür tun wollen, dass unsere Kinder in einer gesünderen und nachhaltigeren Welt aufwachsen. Wir haben Vytal gegründet mit dem Fokus, etwas zu schaffen, das auch wirklich wirkt. Deswegen messen wir auch genau, wie viel Verpackung wir einsparen oder arbeiten mit dem Wuppertal-Institut für Klima, Umwelt und Energie daran, unsere Umweltbilanz immer weiter zu verbessern. Potenziale gibt es etwa noch bei umweltfreundlicheren Spüllösungen oder auch in der Logistik. Wir haben letztes Jahr im September die ersten Schalen in Umlauf gebracht und arbeiten mittlerweile mit über 200 Partnern in ganz Deutschland zusammen.

Wie ist es zur Zusammenarbeit mit REWE gekommen?

Sven Witthöft: Wir als Kölner Start-Up haben sofort gesagt, wir müssen an die Salattheken, auch weil uns viele Kundinnen und Kunden auf die Müllmengen angesprochen haben, die dort entstehen. Aber auch weil wir die Mehrweg-Lösung bequem machen wollen. REWE ist bundesweit sehr verbreitet. Wenn dann im Vorkassenbereich eine Rückgabestation steht, kann jeder ohne Mehraufwand dort seine Mehrwegschüssel zurückzugeben.

Bezahlen Kundinnen und Kunden für den Service?

Sven Witthöft: Kundinnen und Kunden können die Schale komplett kostenlos für 14 Tage ausleihen. Sie bezahlen nur, wenn sie sie nicht zurückbringen. Wir wollen verhindern, dass sich die Schalen in den Küchen stapeln, denn nur wenn die Schalen im Umlauf bleiben, sparen wir wirklich Verpackungsmüll ein, und das ist ja das Ziel.

Was ist Ihre Zukunfstvision für Mehrweg?

Sven Witthöft: Mit Vytal ist es unser Ziel, dass wir Mehrweg so einfach und selbstverständlich machen wie Einweg heute ist. Man soll die Möglichkeit haben, Mehrweg überall nutzen zu können, auch ganz spontan – beim Einkauf, in der Gastronomie. Nachhaltiges Verhalten soll keinen Schmerz verursachen, sondern etwas Angenehmes und Komfortables sein.

Wie lange behalten Kundinnen und Kunden die Schalen durchschnittlich?

Sven Witthöft: Unsere aktuell über 10.000 Schalen, die wir im Umlauf haben, kommen im Durchschnitt nach drei bis vier Tagen zurück, und 98 Prozent unserer Kundinnen und Kunden geben sie nach 14 Tagen wieder zurück. Damit erzielen wir eine höhere Rücklaufquote als das deutsche Flaschenpfand.

 

Die geplanten REWE-Märkte für den Vytal-Test sind:

  • REWE, Salierring 47-53, Köln

  • REWE, Bonner Str. 211, Köln-Bayenthal

  • REWE Richrath, Schwertnergasse 1, Köln

  • REWE Bilkay, Hohenzollernring 79-83, Köln

  • REWE, Widdersdorfer Str. 219, Köln-Braunsfeld

Ist jemand schon Vytal-Kundin oder -Kunde, ist der „Schlüssel“ zum Erhalt einer Mehrweg-Schale der individuelle QR-Code aus der Vytal-App oder auf der Offline-Karte. Der Code wird an der Ausgabestation eingescannt. Anschließend kann die Schale aus dem Ausgabefach entnommen und an der Salatbar wie gewohnt befüllt werden. An der Kasse wird beim Abwiegen des Inhalts das Eigengewicht der Schale automatisch abgezogen. Vytal räumt 14 Tage Zeit für die kostenlose Rückgabe ein. Die Schale muss bei Rückgabe innerhalb von 24 Stunden nicht gespült, sondern nur dicht verschlossen, vollständig entleert und grob gereinigt sein. Bei einer längeren Ausleihe wird darum gebeten, die Schale einmal kurz mit kaltem Wasser auszuspülen.

So funktioniert die Rückgabe: Wird den QR-Code auf dem Schalen-Deckel gescannt, öffnet sich die Schiebetür der Rücknahmestation. Man legt die Schale ein und schließt die Schiebetür wieder. Das Gerät überprüft, ob die Schale leer und mit Deckel zurückgegeben wurde. Ist dies der Fall, wird die Schale aus dem Kundenkonto ausgebucht und der Kunde oder die Kundin erhält eine Rückgabebestätigung auf das Handy.

Grundsätzlich können geliehene Mehrwegschüsseln auch bei jedem anderen Partner von Vytal zurückgegeben werden. Die App zeigt alle teilnehmenden Anbieter an. Wer den Service erst einmal testen will, ohne die App installieren zu müssen, kann am Display der Ausgabestation seine Mobilfunknummer eingeben. Man erhält dann eine SMS mit einem Code, den man im Display eingibt und bekommt dann eine Schale über das Ausgabefach des Geräts. Über die Handynummer können insgesamt drei Schalen ausgeliehen werden.

Bereits jetzt hat das Start-Up mehr als 200 Partner, unter anderem in Köln, Berlin, Hamburg, München und Freiburg, und expandiert stark. Bundesweit verfügen rund 2.200 REWE-Märkte über eine Salatbar, die jährlich millionenfach von den Kunden genutzt werden – Tendenz steigend.

 

Die Vytal-Bowls

  • Hochwertige Schalen vom holländischen Hersteller Mepal, made in Holland nach allen EU-Standards

  • Volumen 1.250ml mit Deckel

  • 100% BPA-frei

  • Geeignet für Mikrowelle und industrielle Spülung (erhitzbar bis 110 Grad)

  • Eindeutige Identifizierbarkeit über Vytal-QR-Code-Labels auf dem Deckel

  • Aus Polypropylen (Schale und Sichtfenster) und thermoplastischem Elastomer (Dichtung Deckel)

  • Haltbar mit mindestens 200 Befüllungen

  • Schon nach 10 Befüllungen ökologischer als Einweg

  • Gut recyclebar am Ende des Lebenszyklus

Kampf gegen die Verpackungsflut

Schon mehr als 2.000 Eigenmarkenverpackungen hat die REWE Group bei REWE, PENNY und toom Baumarkt nach der Devise „Vermeiden, Verringern, Verbessern“ umweltfreundlicher gestaltet. Ein wichtiger Ansatz ist dabei die Förderung von Mehrwegalternativen: So verzichtet die REWE Group auf Plastiktüten zu Gunsten von Mehrwegtragetaschen, setzt auf Mehrwegfrischenetze als Option zum Einweg-Knotenbeutel und bietet Kund:innen in bundesweit rund 2.000 REWE-Märkten an, an der Bedienungstheke mitgebrachte Mehrwegbehälter zu befüllen.

Weitere Beispiele sind die Glas-, Edelstahl- und Papier-Trinkhalme als Ersatzprodukte für die 2019 aus den Regalen verbannten Einweg-Plastikhalme. Auch sämtliches Plastik-Einweggeschirr haben REWE, PENNY und toom Baumarkt aus dem Verkauf genommen. Die Einführung einer Mehrweglösung für die immer beliebter werdenden Salatbars bei REWE ist ein konsequenter Schritt, um noch mehr Verpackungsmüll zu reduzieren.

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