Was das etwas abstrakte Wort „Fachkräftemangel“ in der Praxis bedeutet, können wir immer häufiger am eigenen Leib erfahren: Ellenlange Schlangen an den Flughäfen. Verkürzte Öffnungszeiten in der Gastronomie. Personalengpässe auf dem Arbeitsmarkt werden immer sicht- und spürbarer. Was lange als Fachkräftemangel in bestimmten Segmenten bezeichnet wurde, etwa im hochqualifizierten IT-Bereich, hat sich längst zu einem branchenübergreifenden Arbeitskräftemangel auf allen Qualifizierungsniveaus zugespitzt. Unternehmen allein können die Problematik nicht lösen: Ich bin überzeugt, Deutschland braucht eine Einwanderungsinitiative.
Als Handels- und Touristikunternehmen sind wir auf eines besonders stolz: Dank Mitarbeitenden aus über 140 Ländern stellen wir die Nahversorgung sicher und erfüllen Urlaubswünsche, dabei bieten wir als eine der wenigen Branchen von ungelernten Kräften bis höchstqualifizierten Fachexpert:innen eine krisensichere Jobperspektive. Das haben die vergangenen zwei Jahre ganz besonders bewiesen.
Doch auch bei der REWE Group spüren wir den Arbeitskräftemangel mehr und mehr, in der Logistik wie in der IT, im Einkauf wie im Verkauf oder an der Servicetheke. Wir hören bereits von Märkten in ländlichen Regionen, die ihre Türen für die Kund:innen morgens später öffnen oder abends früher schließen müssen. Als einer der größten Arbeitgeber Deutschlands führen wir hierzulande jährlich ca. 50.000 Neueinstellungen durch.
Natürlich liegt die Verantwortung bei den Unternehmen, attraktive Angebote für die Arbeitnehmer zu schaffen, von Weiterbildungsmöglichkeiten über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, faire Löhne bis zum betrieblichen Gesundheitsmanagement. Doch kommen diese Maßnahmen an ihre Grenzen, wenn es schlicht nicht genug Menschen gibt, die die freien Stellen besetzen könnten.
Wir befürworten, dass die Bundesregierung dieses eklatante Problem erkannt und daher im Koalitionsvertrag festgehalten hat, die Arbeitskräfteeinwanderung zu stärken und das Einwanderungsrecht weiterzuentwickeln. So begrüßen wir auch den Vorstoß eines Chancen-Aufenthaltsrechts. Denn es ist doch so: Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist leergefegt. Bei dem vorherrschenden Arbeitskräftemangel befinden wir uns nicht in der Situation, dass ausländische Arbeitskräfte den Bürger:innen hierzulande Anstellungen streitig machen würden. Vielmehr würden wir Chancen für viele Menschen schaffen, Integration vielerorts erleichtern und Arbeitskräfte für Stellen gewinnen, die sonst unbesetzt blieben. Aus meiner Sicht eine klassische Win-Win-Situation.