Politik

5. Dezember 2022

„Der Ausnahmezustand wird zur neuen Normalität“

Emilie Bourgoin, Leiterin Public Affairs der REWE Group, spricht über die multiplen Krisen des Jahres 2022 – und was wir daraus lernen können.
Lesezeit: 4 Min.

Liebe Leser:innen,

Rohstoffknappheit und daraus folgende Spekulationen auf dem Weltmarkt, mangelndes Verpackungsmaterial, darunter das auch aus der energieintensiven Glasherstellung, fehlendes AdBlue oder Paletten zum Transport, die notwendige Transformation der Landwirtschaft, Rekord-Inflationen und ein daraus resultierendes verändertes Konsumverhalten, immenser Arbeitskräftemangel, Strom- und Gasknappheit – unsere Lieferketten standen 2022 nicht nur auf dem Prüfstand, es war ein permanenter Stresstest. Für uns, unsere Lieferanten und Produzenten wie für die Verbraucher:innen.

Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg auf die Ukraine und die Folgen für die Menschen vor Ort haben uns alle bis ins Mark getroffen – und tun dies weiterhin jeden einzelnen Tag. Uns wurde zudem auf dramatische Art und Weise gezeigt, wie die sonst positive enge Verflechtung der Weltwirtschaft plötzlich zu Engpässen, Inflation und Preissteigerungen führt. Der Krieg stellt uns vor Herausforderungen, von denen wir bisher nur in Geschichtsbüchern gelesen haben.

Sich nahezu täglich ändernde Kettenreaktionen in unseren Lieferketten gehörten plötzlich zu unserem Daily Business. Seit 2020 folgt ein Krisenjahr auf das nächste. Ich bin überzeugt: Der Ausnahmezustand wird leider zur neuen Normalität und fordert uns alle – gesellschaftlich, wirtschaftlich und politisch. Geopolitische und soziale Instabilitäten bedürfen mutiger Entscheidungen und gleichsam einem kühlen Kopf. Wir müssen lernen auf Sicht zu fahren und Hindernisse, die in rasender Geschwindigkeit auf uns zukommen, zu managen. Man handelt nie so schnell wie in einer Krise und deshalb glaube ich auch: Der Dialog miteinander war selten so bedeutend wie in diesen Zeiten.

Krisen können auch Chancen und Potenziale enthalten – denn wenn neue erfolgreiche Beziehungen entstehen, sind diese häufig besonders nachhaltig und langfristig.

Porträt von Emilie Bourgoin

Dies gilt auch, wenn Krisen gegeneinander ausgespielt werden sollen. Es mehren sich Stimmen aus Verbänden, die sich für eine Aufhebung beziehungsweise Aufschiebung der europäischen „farm to fork“-Strategie oder des EU-Lieferkettengesetzes einsetzen. Diese Schlussfolgerungen halte ich für fatal. Die Transformation und der Umbau der Landwirtschaft sind immer noch nötig – vielleicht mehr denn je.

Kurzum: Wo man auch hinsieht, die Welt wird komplexer. Doch mit Agilität und Anpassungsfähigkeit haben wir die Herausforderungen auch 2022 bestmöglich bewältigt und werden ebenso auf das neue Jahr blicken – auch wenn es seinem Vorgänger, was Herausforderungen angeht, wahrscheinlich um nichts nachstehen wird. Entscheidend ist, dass wir nie auf unsere Haltung verzichten. Krisen können auch Chancen und Potenziale enthalten – denn wenn neue erfolgreiche Beziehungen entstehen, sind diese häufig besonders nachhaltig und langfristig.

Deshalb bin ich davon überzeugt, dass jene, die gegenüber ihren Partner:innen  –  ob Kundschaft, Lieferanten oder Mitarbeiter:innen  – auf Transparenz, Offenheit und Klarheit setzen, gestärkt aus der Krise hervorgehen. Denn belastbare Beziehungen und Vertrauen werden besonders in Krisenzeiten aufgebaut.

À bientôt,
Ihre Emilie Bourgoin

Porträt von Emilie Bourgoin

Über:

Emilie Bourgoin

Group Director Public Affairs

Emilie Bourgoin ist Group Director Public Affairs und Vorsitzende des Kompetenzzentrum Landwirtschaft der REWE Group.

Über die REWE Group

  • Die genossenschaftliche REWE Group ist einer der führenden Handels- und Touristikkonzerne in Deutschland und Europa. Im Jahr 2023 erzielte das Unternehmen einen Gesamtaußenumsatz von über 92 Milliarden Euro. Die 1927 gegründete REWE Group ist mit ihren rund 390.000 Beschäftigten in 21 europäischen Ländern präsent.

     

    Zu den Vertriebslinien zählen Super- und Verbrauchermärkte der Marken REWE, REWE CENTER sowie BILLA, BILLA PLUS und ADEG, der Discounter PENNY, IKI, die Drogeriemärkte BIPA sowie die Baumärkte von toom. Hinzu kommen die Convenience-Märkte REWE To Go und die E-Commerce-Aktivitäten REWE Liefer- und Abholservice sowie Zooroyal und Weinfreunde. Die Lekkerland Gruppe umfasst die Großhandels-Aktivitäten der Unternehmensgruppe im Bereich der Unterwegsversorgung. Zur Touristik gehören unter dem Dach der DERTOUR Group über 2.100 Reisebüros, Veranstalter sowie Hotelmarken und Online-Reiseportale.